40 Jahre Sprengung

Ausstellung. Sprengung der Versöhnungskirche von 40 Jahren. Erinnern und Gedenken

Mittwoch, 22. Januar – Dienstag, 28. Januar 2025 Woche des Erinnerns und Gedenkens. Ausstellung, Informationen und Gespräche an der Kapelle der Versöhnung, Bernauer Straße 4, 10115 Berlin, jeweils 10.00 – 16.00 Uhr (außer Montag)

Untern folgenden Links können Sie die Ausstellungstafeln anschauen und Langtexte zu den Inhalten lesen.

  • Tafel 1
    For English scroll down Plakat 1: Gründung der Versöhnungskirche Der Bau der Versöhnungskirche 1894 ist dem rasanten Bevölkerungswachstum Berlins zu verdanken: lag die Einwohnerzahl 1825 noch bei rd. 220 Tsd.,
  • Tafel 2
    For English scroll down Plakat 2: Die Versöhnungsgemeinde Prägend für die Gründerjahre der Kirche der Versöhnung war der erste Pfarrer Johannes Burckhardt, der mit großem sozialem Engagement die Not der
  • Tafel 3
    For English scroll down Plakat 3: Die Kirche der Versöhnung in der Nazizeit bis zum Bau der Mauer Bereits 1932 entwickelte sich als Pendant zur NSDAP eine Gruppe, die sich
  • Tafel 4
    For English scroll down Plakat 4: Der Bau der Berliner Mauer August 1961: Auf diesem Foto sehen Sie die Mauer auf der Ost-Seite der Bernauer Straße, sie war einmal die
  • Tafel 5
    For English scroll down Plakat 5: Sprengung der Versöhnungskirche Das Kirchengebäude explodiert. Seine meterhohen Pilaster, Säulen und neogotischen Fensterbögen zerbersten. Der 75 Meter hohe Turm, ein Wahrzeichen im Kiez, fällt,
  • Tafel 6
    For English scroll down Plakat 6: Das Leben der Versöhnungsgemeinde mit der Berliner Mauer Die Menschen in der Versöhnungsgemeinde lebten in der Zeit der Mauer Anfang der 1960er Jahre in
  • Tafel 7
    For English scroll down Plakat 7: Der Gedenkort Bernauer Straße Durch die Friedliche Revolution, den damit verbundenen Mauerfall und die Entscheidung des Deutschen Bundestages für Berlin als deutscher Hauptstadt hatte
  • Tafel 8
    For English scroll down Plakat 8: Die Kapelle der Versöhnung – Spirituelles Zentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer Das Areal des historischen Kirchbaus wurde der Gemeinde 1995 rückübereignet und es konnte
  • Tafel 9
    For English scroll down Plakat 9: Fruchtbare Synthese von Erinnerungsort und Kirchengemeinde Zusammen mit dem Dokumentationszentrum und der Kapelle der Versöhnung entstanden bis zur Jahrtausendwende künstlerische, dokumentarische und spirituelle Zugänge
  • Tafel 1

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    Plakat 1: Gründung der Versöhnungskirche

    Der Bau der Versöhnungskirche 1894 ist dem rasanten Bevölkerungswachstum Berlins zu verdanken: lag die Einwohnerzahl 1825 noch bei rd. 220 Tsd., so war sie im Jahr der Planung der Kirche 1892 auf rund 1,6 Mio. angewachsen. Der Zuzug von Handwerkern und meist ungelernten Arbeitern aus Schlesien und Brandenburg traf auf eine sich industrialisierende Wirtschaft, getrieben durch den preußischen Eisenbahnbau. Eisengießereien, Maschinenbauanstalten und Lokomotivwerke entstanden vor den Toren der Stadt. Die nahegelegene Chausseestraße hieß wegen der vielen rauchenden Schornsteine im Volksmund „Feuerland“.

    Die Stadt platzte aus allen Nähten und Wohnraum musste geschaffen werden, vor allem dort, wo es Arbeit gab. Im Wedding entstanden Wohnkasernen, bekannt durch ihre hintereinander angefügten Höfe und Hinterhäuser, in denen auf engstem Raum und unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen die Familien neben kleinen Handwerksbetrieben lebten. Kein Wunder also, dass durch den Zuzug der protestantisch stämmigen Migranten auch die Kirchen nicht mehr ausreichten. Ab 1832 wurden zunächst die vier Schinkelschen Vorstadtkirchen (z.B. die Elisabethkirche) gegründet, bevor der großherzogliche Kirchenbaurat Gotthilf Ludwig Möckel (1838─1915) unter dem Protektorat der Kaiserin Victoria Auguste mit dem Bau der Versöhnungskirche beauftragt wurde.

    Im ausgehenden 19. Jahrhundert bestand eine enge Bindung zwischen Thron und Kirche. Die von außerhalb kommende Bevölkerung Berlins war nicht nur verarmt, sondern hatte auch keine besonders enge kirchliche Bindung mehr. Arbeiter hatten längst begonnen, sich politisch zu organisieren. Die Sozialgesetzgebung Bismarcks und sein Vorgehen gegen die Sozialdemokratie hatten wenig ausgerichtet. Die Institution Kirche, deren oberster Dienstherr der Kaiser war, wurde nun als „Bollwerk“ gegen politische Einflussnahme genutzt, indem diverse Kirchenbauten finanziell unterstützt wurden. Der Kaiserin Victoria Auguste brachte diese Tätigkeit den Spitznamen „Kirchen-Gustl“ ein.

    Der Bauplatz der neuen Versöhnungsgemeinde war der zur Bernauer Straße gelegene Teil des alten Friedhofes der Elisabeth-Gemeinde. Damit öffnete sich die Kirche zur gegenüberliegenden Hussitenstraße und bildete eine Blickachse, obwohl dies eine Abweichung um 45 Grad zur ansonsten üblichen Ostung von Kirchen beinhaltete. Der neogotische Ziegelbau, mit einer von Schmuckfliesen ausgeschmückten Apsis, dessen Kirchenschiff über 1000 Sitzplätze verfügte wurde am 28. August 1894 in Anwesenheit der Kaiserin eingeweiht, die auch den Bibelspruch aus dem 2. Korintherbrief 5,19 aussuchte: „Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selbst und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ 1900 wurde das Pfarr- und Gemeindehaus eingeweiht, das rechts neben der Kirche an den Elisabethfriedhof anschloss.

    Nach dem Ende des 1. Weltkrieges (1914─1918) wurde 1919 in der Weimarer Republik die Trennung von Staat und Kirche vollzogen, nachdem im Krieg selber die Regierung noch auf die Unterstützung der Kirche hatte zählen können. Kirchen wurden Körperschaften des öffentlichen Rechts, hatten das Recht zur Selbstverwaltung und konnten Kirchensteuern erheben.

    Poster 1: Foundation of the Church of Reconciliation

    Caption: Illustration of the Church of Reconciliation by graphic artist W. Klein-Lindström from a wedding certificate. Small image: Interior view.

    Text: In order to prevent unrest caused by the influx of workers from rural areas through the formation of political parties, especially the Social Democrats, the imperial family relied on control through the subsidization of church buildings. This also applied to the Church of Reconciliation, whose name comes from 2 Corinthians 5:19.

    Timeline: 1892 Berlin is growing up a population from 1.6 million

                     1894 Inauguration of the Church of the Reconciliation

                     1902 Founding of the Patriotic Bauverein (construction association)

    Additional information:

    The construction of the Church of Reconciliation in 1894 was due to Berlin’s rapid population growth: while the population was still around 220,000 in 1825, it had grown to around 1.6 million by 1892, the year the church was planned. The influx of craftsmen and mostly unskilled workers from Silesia and Brandenburg met with an industrializing economy, driven by Prussian railroad construction plans. Iron foundries, engineering works and locomotive factories were established on the outskirts of the town. The nearby Chausseestraße was popularly known as “Land of Fire” because of its many smoking chimneys.

    The city was bursting at the seams and living space had to be created, especially where there was work. Residential barracks were built in Wedding, known for their back-to-back courtyards and rear buildings, where families lived next to workshops in very small spaces and under questionable hygienic conditions. No wonder, then, that the Protestant influx meant that the churches were no longer sufficient. From 1832, Schinkel’s four suburban churches (e.g. the Elisabethkirche) were founded before the Grand Ducal church architect Gotthilf Ludwig Möckel (1838─1915) was commissioned to build the Church of Reconciliation under the protectorate of Empress Victoria Auguste.

    At the end of the 19th century, there was a close relationship between the throne and the church.  Berlin’s population from outside the city was not only impoverished, but also no longer had particularly close ties to the church. Workers had long since begun to organize themselves politically. Bismarck’s social legislation and his action against social democracy had achieved little. The institution of the church, whose supreme head was the emperor, was now used as a “bulwark” against political influence by providing financial support for various church buildings. This activity earned Empress Victoria Auguste the nickname “Kirchen-Gustl”.

    The building site of the new Reconciliation Church was the part of the old Elisabeth parish cemetery facing Bernauer Strasse. This opened up the church to the Hussitenstraße opposite and formed a visual axis, although this involved a deviation of 45 degrees from the otherwise customary eastward orientation of churches. The neo-Gothic brick building, with an apse adorned with decorative tiles and a nave with seating for 1,000, was consecrated on August 28, 1894 in the presence of the Empress, who also chose the Bible verse from 2 Corinthians 5:19: “For God was in Christ, reconciling the world unto himself, not imputing their trespasses unto them; and hath committed unto us the word of reconciliation.” In 1900, the parish and community hall was consecrated, which adjoined the Elisabeth cemetery to the right of the church.

    After the end of the First World War (1914─1918), the separation of church and state was implemented in the Weimar Republic in 1919, after the government had been able to count on the support of the church during the war itself. Churches became corporations under public law, had the right to self-administration and could levy church taxes.

  • Tafel 2

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    Plakat 2: Die Versöhnungsgemeinde

    Prägend für die Gründerjahre der Kirche der Versöhnung war der erste Pfarrer Johannes Burckhardt, der mit großem sozialem Engagement die Not der Arbeiterfamilien zu lindern versuchte. Der Zuzug aus der bäuerlich geprägten Umgebung nach Berlin und die hohe Geburtenrate führten oft zu prekären Verhältnissen. Über verschiedene Vereinsgründungen gab Pfr. Burckhardt vor allem Kindern und Jugendlichen sowie jungen Frauen Halt und eine Perspektive. Das Landheim „Jugendfreude“ in Wünsdorf wurde aufgebaut, Suppenküchen eingerichtet, die Armenspeisungen vornahmen und Kranke im gegenüberliegenden Krankenhaus Lazarus mitversorgten. Bereits vorher war um 1882 ein Verein zum Dienst an Arbeits- und Obdachlosen ins Leben gerufen worden, der im Volksmund den Namen Schrippenkirche trug, da er, zunächst nur für Männer, mit einem Becher Kaffee und einer Schrippe (Brötchen) den sonntäglichen Gottesdienst beschloss.

    Auf den von der Versöhnungsgemeinde geründeten Evangelischen Männer- und Jünglingsverein ist es zurückzuführen, dass der Vaterländische Bauverein 1902 gegründet wurde. Auf Basis einer Genossenschaft wurde Wohnraum für Arbeiter und Beamte zur Verfügung gestellt. Die Anzahlung zum Erwerb von Miteigentum betrug 200 Mark, was aber in Kleinstbeträgen abgestottert werden konnte. Noch heute stehen manche dieser Häuser (Deutsche Höfe) auf der gegenüberliegenden Seite der Bernauer Straße, was unter anderem auch dem Wirken des Pfarrers Schwarzkopf aus der Versöhnungsgemeinde zu verdanken ist. Das große bürgerliche und kirchliche Engagement dieser Zeit prägte entscheidend die Umgebung der Versöhnungskirche und ist bis heute sichtbar.

    Die Versöhnungsgemeinde wuchs stetig an. Zum Ende der 1920er Jahre hatte sie 20 000 Mitglieder und drei Pfarrer. Durchschnittlich kamen 600 bis 800 Personen zu den sonntäglichen Gottesdiensten. Danach fand ein Kindergottesdienst statt, der von Gemeindeschwestern betreut von an die 100 Kindern besucht wurde. In den ersten 25 Jahren wurden etwa 13 000 Kinder getauft und über 4000 Paare getraut.

    Große soziale Ungleichheit kennzeichnete die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Auf der einen Seite das swinging Berlin der 1920er Jahre, das durch Varietés und überschäumendes Vergnügen geprägt war, auf der anderen Seite führte der verlorene Krieg in die Massenarbeitslosigkeit. Dies war besonders in einer Arbeitergegend wie dem Wedding spürbar. Menschen konnten ihre Mieten nicht mehr bezahlen, die Zahl der Obdachlosen und Kranken nahm zu, Streiks wurden oft massiv unterdrückt. Im „roten“ Wedding gewannen die Kommunisten vor den Sozialdemokraten die Wahlen.

    Die Versöhnungskirche verhielt sich in der Zeit politisch neutral, kümmerte sich aber weiter um die Armen, versuchte durch Spendenaufrufe Geld einzutreiben und  veranstaltete Wohltätigkeits-konzerte. Die Kirchen hatten sich noch nicht mit dem Verlust ihres Oberhauptes, dem Kaiser, abgefunden und konnten mit den demokratischen Parteien wenig anfangen. Es gab viele unterschiedliche Richtungen und Stimmungen unter den Theologen. Die progressiveren sahen in einer demokratisch organisierten unpolitischen Kirche ihre Zukunft.

    Poster 2: The Reconciliation Congregation

    Caption: Holiday camp of the Reconciliation Church. Small image on the left: The Schrippenkirche on the Sunday morning after the service. Small image on the right: Pastor Johannes Burckhardt

    Text: The congregation of the Reconciliation Church grew rapidly to over 20,000 members. Thanks to Pastor Johannes Burckhardt and the social commitment of well-to-do citizens numerous charity organizations were initiated catering to the needs of poor workers and their families. This also included building projects that still characterize the image in the vicinity of the former Church of Reconciliation until today.

    Timeline: 1914 World War 1 1914-1918

       1919 Separation of Church and State in the Weimar Republic

        1932 Unemployment rises to 6 million

    Additional information:

    The founding years of the Church of Reconciliation were shaped by the first pastor, Johannes Burckhardt, who tried to alleviate the hardship of working-class families with great social commitment. The influx of people from the rural surroundings to Berlin and the high birth rate often led to precarious conditions. By founding various associations, Rev. Burckhardt gave children, young people and young women in particular support and a perspective. The holiday home for the youth was built in Wünsdorf, soup kitchens were set up to feed the poor and care for the sick in the Lazarus Hospital opposite. An association to serve the unemployed and homeless had already been founded around 1882, which was popularly known as the Schrippenkirche, as it concluded the Sunday service with a cup of coffee and a Schrippe (bread roll).

    It is also thanks to the Evangelical Men’s and Young Men’s Association founded by the Reconciliation Parish that the Vaterländische Bauverein was founded in 1902. Housing for workers and civil servants was provided on the basis of a cooperative. The down-payment for the purchase of co-ownership was 200 marks, but this could be paid off in small amounts. Some of these houses (Deutsche Höfe) still stand today on the opposite side of Bernauer Strasse, thanks in part to the work of Pastor Schwarzkopf from the Reconciliation Parish. The great civic and church commitment of this time had a decisive influence on the area surrounding the Church of Reconciliation and is still visible today.

    The Reconciliation Church grew steadily. By the end of the 1920s, it had 20,000 members and three pastors. On average, 600 to 800 people attended the Sunday services. This was followed by a children’s service, which was supervised by parish nurses and attended by around 100 children. In the first 25 years, around 13,000 children were baptized and over 4,000 couples were married.

    The period between the two world wars was characterized by great social inequality. On the one hand, there was the swinging Berlin of the 1920s, which was characterized by variety shows and exuberant fun, while on the other hand, the lost war had led to mass unemployment. This was particularly noticeable in a working-class area like Wedding, the catchment area of the church. People could no longer pay their rents, the number of homeless and sick people increased and strikes were often massively suppressed. In “red” Wedding, the Communists won the elections before the Social Democrats.

    The Church of Reconciliation remained politically neutral during this time, but continued to care for the poor, tried to raise money through appeals for donations and organized charity concerts. Churches had not yet come to terms with the loss of their supreme head, the emperor, and had little to do with the new democratic parties. There were many different directions and moods among the theologians. The more progressive saw their future in a democratically organized, apolitical church.

  • Tafel 3

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    Plakat 3: Die Kirche der Versöhnung in der Nazizeit bis zum Bau der Mauer

    Bereits 1932 entwickelte sich als Pendant zur NSDAP eine Gruppe, die sich Deutsche Christen nannte und in der von Gott geschenkten „Rasse, Volkstum und Nation“ eine Verpflichtung sah, vertraute Lebensformen zu verteidigen. Auch unterstützte sie das Führerprinzip und strebte eine Reichskirche anstelle einer Landeskirche an. 

    Dagegen entwickelte sich um Pfarrer Martin Niemöller eine Gegenbewegung, die später als Bekennende Kirche bekannt wurde. Sie wehrte sich vor allem gegen die Gleichschaltung der Organisation der evangelischen Christen und ihrer Lehre mit dem Nationalsozialismus. Dies begründete sie mit Texten der Bibel und stellte 1934 dazu drei Thesen auf. Das Hauptargument ist, dass Kirche ein Ort ist, an dem sich Gläubige versammeln und nicht das Volk. Zu diesem Kreis der Bekennenden Kirche gehörten auch Dietrich Bonhoefer und Helmuth Gollwitz.

    In der Kirche der Versöhnung hingen zwei der drei Pfarrer den Inhalten der Bekennenden Kirche (BK) an (Pfr. Kittlaus und Pfr. Gallert), einer war Deutscher Christ (Pfr. Kersten). Dies führte zwangsläufig zu Konflikten. Die beiden Pfarrpersonen der BK sahen sich ständigen Verleumdungen ausgesetzt, mit Hausarrest bedroht, und die Gestapo besuchte ihre Gottesdienste zur Einschüchterung, während Pfr. Kersten seinen Gottesdienst im Braunhemd absolvierte. Auf die Kirchengemeinde hat sich dieser Streit wenig ausgewirkt, weil die Gläubigen „ihre“ Pfarrer hatten, denen sie vertrauten und in deren Gottesdienst sie gingen. Da Pfr. Kersten zu den unbeliebten gehörte, wurden seine Gottesdienste mit SA-Angehörigen aufgefüllt. In den Folgejahren trat Pfr. Kersten zwar aus der Vereinigung Deutscher Christen aus, der Streit hielt aber unvermindert an.

    Die Verhaftung zunächst der Kommunisten und Sozialdemokraten im Umkreis der Versöhnungsgemeinde, später dann der jüdischen Mitbürger wurde in der Gemeinde registriert. Es sind keine Unterlagen vorhanden, die in irgendeiner Weise auf einen offiziellen Protest oder Widerstand schließen lassen. Lediglich von Pfr. Kittlaus ist bekannt, dass er „Juden-taufen“ vorgenommen hat. Einige Gemeindemitglieder sollen jüdische Mitbürger versteckt haben.

    Zum Ende des Krieges wurden im November 1944 das Kirchengebäude und das Gemeinde- und Pfarrhaus bei einem Bombenangriff beschädigt. Die Dächer wurden abgedeckt, Fensterscheiben gingen zu Bruch und die Türen brachen aus den Angeln. In der Umgebung wurden zahlreiche Häuser zerstört und 200 Menschen kamen bei diesem Angriff ums Leben. Ein glücklicher Zufall ließ einen von einem Theologiestudenten angeführten Bautrupp an der Kirche vorbeikommen, der eigentlich zu Reparatur einer U-Bahn abgestellt waren. Sie kletterten auf das Dach und konnten so das Nötigste reparieren. Bereits 1950 wurden wieder Gottesdienste abgehalten.

    Nach dem Krieg übernahm zunächst Pfr. Kersten die Pfarrei, bevor er durch Pfarrer Helmut Hildebrandt abgelöst wurde, der die Kirche bis zu ihrem Abriss begleitete. Nicht nur wegen der NS-Zeit waren die Jahre nach dem Krieg für die Gemeinde schwierig. Die vier Siegermächte teilten auch Berlin in Sektoren. Dadurch lagen Kirche und Gemeindehaus im sowjetischen Teil, während die Gemeinde zu 95 Prozent im französischen Sektor wohnte. Nach dem Volksaufstand vom Juli 1953 wurde diese Grenze durch Polizei kontrolliert, was das freie Passieren von einem in den anderen Sektor erschwerte und letztlich zu Fluchtbewegungen aus dem sowjetischen Sektor in den westlichen Teil Berlins und damit entscheidend zum Bau der Berliner Mauer führte.

    Poster 3: The Church of Reconciliation during the Nazi era until the Berlin Wall was built

    Caption: The Church of Reconciliation seen from the opposite Hussitenstrasse. Small image: Church of Reconciliation and Hussite Road with war damage.

    Text: The rise of the National Socialists also divided the Protestant churches. Both supporters and opponents of the political system preached in the Church of Reconciliation. After being destroyed during the war in 1944, services were resumed in the Church of Reconciliation as early as 1950.

    Timeline: 1939 -1945 World War 2

        1945 Establishment of the sector boundaries

        1953 National uprising in GDR

    Additional information:

    As early as 1932, a group called German Christians developed as a counterpart to the NSDAP and saw an obligation to defend familiar ways of life in the God-given “race, ethnicity and nation”. They also supported the Führer principle and strove for a “Reich Church” instead of a regional church. 

    A counter-movement developed around pastor Martin Niemöller, which was later known as the Confessing Church. Above all, they opposed the alignment of the organization of Protestant Christians and their teachings with National Socialism. They based this on texts from the Bible and put forward three theses in 1934. The main argument is that the church is a place where believers gather and not the people. Dietrich Bonhoefer and Helmuth Gollwitz also belonged to this circle of the Confessing Church.

    In the Church of Reconciliation, two of the three pastors adhered to the Confessing Church (BK) (Rev. Kittlaus and Rev. Gallert) and one was a German Christian (Rev. Kersten). This inevitably led to conflicts. The two BK pastors were constantly slandered and threatened with house arrest, and the Gestapo attended their church services to intimidate them, while Rev. Kersten attended his service in a Nazi-typical brown shirt. This dispute had little effect on the congregation because the believers had “their” pastors, whom they trusted and whose services they attended. As Rev. Kersten was one of the most unpopular, his services were filled with members of the SA. Although Rev. Kersten left the Association of German Christians in the following years, the dispute continued unabated.

    The arrest first of the Communists and Social Democrats in the vicinity of the Reconciliation Parish, and later of the Jewish fellow citizens, was noticed in the parish. There are no documents that suggest any official protest or resistance. Only Father Kittlaus is known to have performed “Jewish baptisms”. Some members of the congregation are said to have hidden Jewish fellow citizens.

    At the end of the war in November 1944, the church building and the parish and vicarage were damaged in a bombing raid. The roofs were uncovered, windows were broken and the doors came off their hinges. Numerous houses in the surrounding area were destroyed and 200 people lost their lives in the attack. By a stroke of luck, a construction crew led by a theology student passed by the church. They were actually on their way to repair a subway. Instead they climbed onto the roof and were able to repair what was needed. Church services could be held again as early as 1950.

    After the war, Pastor Kersten took over the parish before being replaced by Pastor Helmut Hildebrandt, who looked after the church until it was demolished. The years after the war were difficult for the parish, and not just because of the Nazi era. The four victorious powers also divided Berlin into sectors. As a result, the church and parish hall were located in the Soviet sector, while 95% of the congregation lived in the French sector. After the popular uprising in July 1953, this border was controlled by police officers, which made it difficult to pass freely from one sector to the other and ultimately led to people fleeing from the Soviet sector to the western part of Berlin, which was a decisive factor in the construction of the Berlin Wall.

  • Tafel 4

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    Plakat 4: Der Bau der Berliner Mauer

    August 1961: Auf diesem Foto sehen Sie die Mauer auf der Ost-Seite der Bernauer Straße, sie war einmal die Trennlinie im geteilten Berlin. Neun Straßen hatten zuvor seit über hundert Jahren die Bernauer Straße gequert. Alle wurden während der Mauerzeit 1961 bis 1989 abrupt unterbrochen. Zweitausend Menschen, die hier auf der Ostseite der Straße lebten, wurden mit vorgehaltenen Waffen bereits im Sommer 1961 zwangsumgesiedelt, ihre Häuser zuerst vermauert und später abgerissen. Drei Meter hoch und 1,20 Meter breit waren die Segment-Maße der Berliner Mauer, die wir hier sehen. Jedoch unermesslich war das Ausmaß an Demütigung, Ohnmacht und Schmerz, für die sie ein Zeichen war.

    In den bedrückenden ersten Sommer des Mauerbaus fallen auch die Wochen der ersten Todesopfer an der Berliner Mauer. In den fast drei Jahrzehnten Mauerzeit kommen etwa 2000 Menschen an der Grenze ums Leben. Allein hier in Berlin kennen wir bislang 140 Fälle von Todesopfern an der Berliner Mauer, deren Schicksal wissenschaftlich erforscht worden ist.

    Die 1,5 Kilometer lange Bernauer Straße hier in Berlin-Mitte wurde willkürlich geteilt. Die westliche Seite gehörte zum französischen Sektor, der östliche Bürgersteig zum sowjetischen Sektor. Auf der Ost-Seite der Bernauer Straße wurden die Häuser in den Wochen nach dem Mauerbau komplett geräumt. Die Haustüren und Hoftore, die Fenster und Keller wurden zugemauert, die Bewohner vertrieben. Eine Front aus Geisterhäusern blieb stehen.

    Auch das prachtvolle Portal der neugotischen Versöhnungskirche, mit ihrem 75 Meter hohen Turm mitten im Todesstreifen gelegen (hier zu sehen), wurde eingemauert. Dabei standen am Kirchturm gerade Baugerüste von Maurern und Zimmerern, die die letzten Kriegsschäden ausbessern sollten! 97 Prozent des Gemeindebereiches befinden sich im West-Berliner Wedding, die dort wohnenden Gemeindemitglieder werden ihre Kirche für drei Jahrzehnte nicht mehr betreten. Am 3. September 1961, drei Wochen nach dem Mauerbau, findet aber noch ein Gottesdienst statt, von dem sich sogar eine Tonbandaufnahme erhalten hat. Besuchen kann ihn nur eine kleine Schar von Gemeinde-mitgliedern aus Ost-Berlin. Es ist Kirchweihtag, und die Versöhnungsgemeinde hat einen letzten Festgottesdienst vorbereitet. Das Abendmahl wird gefeiert, und die Kantorei singt. Es musiziert der Posaunenchor. Gemeindepfarrer Helmut Hildebrandt ringt nach Worten. In seine Predigt fließen die erschütternden Ereignisse ein von dem wahnsinnigen Versuch, die Menschen einer Millionenstadt voneinander zu trennen, durch Stacheldraht und Stein. Er fühle sich seines Amtes gewaltsam enthoben und vom Großteil der Gemeinde getrennt, bedauert der Theologe: „Wer wird sagen, ob dieses Kirchengebäude noch Bestand hat? Wenn unsere Kirche eine Brücke gewesen ist, eine Brücke der Versöhnung bis zum heutigen Tag, von hüben nach drüben, dann bleibt sie es trotz Mauer auch weiterhin mit ihrem Glockengeläut, mit ihrer Verkündigung, mit ihrem Orgelspiel.“  Seine lange Predigt beendet Pfarrer Hildebrandt mit einer Vergewisserung: „Lasst uns nie vergessen das Wort der Zusage von Jesus Christus: Ich bin bei Euch alle Tage, bis an der Welt Ende. Amen.“

    Wenige Wochen später, im Oktober 1961, muss auch Helmut Hildebrandt mit seiner Familie das Pfarrhaus verlassen. Es steht bald ebenso geisterhaft leer auf dem Grenzgelände wie das große Gemeindehaus und die gemeindepädagogische Ausbildungsstätte „Burckhardthaus“. Auch diese Kirchengebäude werden 1967, wie alles in der Nachbarschaft, abgerissen.

    Poster 4: Construction of the Berlin Wall

    Caption: View from the west side of the Wall and the Church of Reconciliation after 1980.

    Text: Due to the construction of the wall, since 13 August 1961 the Church of Reconciliation stood on the death strip. It is inaccessible from the East and the West when it was destroyed a quarter of a century later. The evacuated training center Burckhardt House, the parish hall and the evacuated vicarage were demolished as early as 1965.

    Timeline: 1961 Construction of the Berlin Wall

                     1963 Agreement on Border Crossing

       1968 Defeat of the Prague Spring.

    Additional information:

    August 1961: In this photo you can see the Wall on the east side of Bernauer Straße, it was once the dividing line in divided Berlin. Nine streets had previously crossed Bernauer Straße for over a hundred years. All of them were abruptly broken up during the 1961-1989 Berlin Wall. Two thousand people who lived here on the east side of the street were forcibly resettled at gunpoint in the summer of 1961, their houses first walled up and later demolished. Three meters high and 1.20 m wide were the segmental dimensions of the Berlin Wall that we see here. However, the extent of humiliation, powerlessness and pain was immeasurable, of which it was a sign.

    The depressing first summer of the construction of the Wall also included the weeks of the first fatalities at the Berlin Wall. During the almost three decades of the Wall, about 2,000 people died at the border. Here in Berlin alone, we know of 140 cases of fatalities at the Berlin Wall, the fate of which has been scientifically researched.

    The 1.5-kilometre-long Bernauer Straße here in Berlin-Mitte was arbitrarily divided. The western side belonged to the French Sector, the eastern pavement to the Soviet Sector. On the east side of Bernauer Straße, the houses were completely cleared in the weeks after the Wall was built. The front doors and gates to the back yards, the windows and cellars were bricked up, the residents were expelled. A front of haunted houses remained standing.

    The magnificent portal of the neo-Gothic Church of Reconciliation, with its 75-metre-high tower located in the middle of the death strip (seen here), was also walled in. At the same time, scaffolding by masons and carpenters were standing around the church tower to repair the last war damage! 97 percent of the congregation is located in West Berlin’s Wedding district, and the parishioners living there will not enter their church again for three decades. On September 3, 1961, three weeks after the Wall was built, however, another service took place, of which even a tape recording has been preserved. Only a small group of community members from East Berlin can visit it. It is church consecration day, and the reconciliation community has prepared a last festive service. The Lord’s Supper is celebrated and the choir sings. The trombone choir will make music. Parish priest Helmut Hildebrandt struggles for words. His sermon incorporates the harrowing events of the insane attempt to separate the people of a city of millions from each other by barbed wire and stone. The theologian regrets that he feels violently removed from his office and separated from the majority of the congregation: „Who will say whether this church building will still exist? If our church has been a bridge, a bridge of reconciliation to this day, from here to there, then it will continue to be so, despite the wall, with its bells, with its proclamation, with its organ playing.“ Pastor Hildebrandt ends his long sermon with a reassurance: „Let us never forget the word of the promise of Jesus Christ: I am with you always, to the end of the world. Amen.“

    A few weeks later, in October 1961, Helmut Hildebrandt and his family also had to leave the vicarage. It soon looked as ghostly empty on the border site as the large community centre and the community pedagogical training centre „Burckhardthaus“. These church buildings were also demolished in 1967, like everything in the neighbourhood.

  • Tafel 5

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    Plakat 5: Sprengung der Versöhnungskirche

    Das Kirchengebäude explodiert. Seine meterhohen Pilaster, Säulen und neogotischen Fensterbögen zerbersten. Der 75 Meter hohe Turm, ein Wahrzeichen im Kiez, fällt, wie ein Mensch. Wir sehen auf diesem Foto jene Sekunden, in welchen am Montag, dem 28. Januar 1985, der Turm der historischen Versöhnungskirche im sowjetischen Grenzsektor insgesamt 23,4 Kilogramm Sprengstoff zum Opfer gefallen war.

    Vor dem Hintergrund der gewaltsamen Zerstörung wird das Turmkreuz in die Luft geschleudert. „Wie ein Mensch ist der Turm zusammengesackt und nach hinten gekippt“, haben uns Menschen aus der Versöhnungsgemeinde berichtet, die von ihrem Küchenfenster aus zugesehen haben. Weist das in die Luft fliegende Kreuz wie auf eine „Seele“ der entweihten Kirche, wenn sie einen sterbenden Menschen verlässt? Der undurchdringliche Starknebel ätzender Staubpartikel, von dem Augenzeugen der Sprengung erzählen, blieb an der Bernauer Straße stundenlang in der Luft.

    Fünfzehn Jahre später ist aus dem nach der Sprengung eingeebneten und 1999 wieder ausgegrabenen Schutt, vermischt mit Stampflehm, die Kapelle der Versöhnung entstanden. In ihrer Baugestalt und auf ihrem Außengelände finden sich Spuren und Überbleibsel der verschwundenen Kirche wieder: erhalten gebliebene Sockel-Kapitelle der alten Kirche, Fundament-Gründungen, Holzsplitter, Keramik- und Glasscherben. Wer die moderne Kapelle aufsucht, nähert sich ihr über ein Ruinen-Ensemble von Bruchstücken und Grenz-Relikten.

    Emotionaler Höhepunkt des Sprengungs-Fotos ist das 1894 gefertigte gusseiserne Turmkreuz. Es wird durch die Wucht der Detonation vom Turm gebrochen. Es landet auf dem benachbarten St.-Elisabeth-Friedhof in Ost-Berlin, in einem Grab, welches durch den eisigen Frost gefroren war.  So wird das fallende Kreuz gebogen, gezeichnet, gebrochen. 

    Einst ragte es jahrzehntelang auf dem Versöhnungskirchturm. Es ragte über die hier wohnenden Menschen, bis manche von ihnen in die beiden Weltkriege zogen, bis manche von ihnen hier auf dem Friedhof, wenn man sie fand, begraben wurden. Das Kreuz ragte über die Bernauer Straße, als 1943 der Krieg nach Berlin zurückkam. Das Kreuz war Peilungs-Zeichen, als Bomber kamen, und Häuser brannten. Das Kreuz blieb, als 1961 die Menschen von der sowjetisch besetzten Seite der Straße deportiert wurden, es blieb, als man ihre Häuser sprengte.

    Das Kreuz war eingemauert, als im Kirchturm Soldaten Wache halten mussten. Im Turm oben stand ein Maschinengewehr. 24 Jahre stand so das Kreuz. Nicht betretbar die Kirche, klanglos die Glocken, aber das Kreuz war Zeichen, war Predigt, war Hoffnung.

    Unser Foto vom 28. Januar 1985 zeigt das Ende der Kirche. Das Turmkreuz fällt und fliegt, meterweit durch den Himmel in den nahen Friedhof, in ein Grab. Dort wird es geborgen von den Ost-Berliner Friedhofsarbeitern. Das Kreuz wird versteckt, und erinnert. Erst als im November 1989 die die Mauer eingedrückt wurde, kam das Kreuz wieder! Sie können es sehen, im Roggenfeld an der Kapelle. Es ist gezeichnet vom Sprengen, gebogen vom Aufprall, erzählend vom Fallen. In den mittelalterlichen kunstvollen Kreuzwegen fällt Jesus am Kreuz. Hier fiel das Kreuz wie Jesus fiel. Die neugotische Versöhnungskirche gibt es nicht mehr. Aber die Versöhnungsarbeit an diesem Ort lebt weiter.   

    Poster 5: Demolition of the Reconciliation Church

    Caption: Demolition of the tower on 28 January 1985

    Text: The demolition of the church belonging to West Berlin was a project of the East Berlin municipality and party authorities since the 1970th. However, the church stands in the Soviet border sector. After seven years of East-West negotiations between state and church authorities, the property and the Reconciliation Church were sold to the SED state. In January 1985, a GDR construction company demolished the church.

    Timeline: 1975 GDR accedes to CSCE Agreement of Helsinki

                     1982 Start of public prayers for peace in St. Nicholas Church in Leipzig

       1985 Demolition of the Reconciliation Church.

    Additional information:

    The church building explodes. Its meter-high pilasters, columns and neo-Gothic window arches are shattering. The 75-metre-high tower, a landmark in the neighbourhood, falls like a human being. In this photo, we see the seconds in which on Monday, January 28, 1985, the tower of the historic Church of Reconciliation in the Soviet border sector fell victim to a total of 23.4 kilograms of explosives.

    Against the backdrop of the violent destruction, the tower cross is thrown into the air. „Like a human being, the tower collapsed and tilted backwards,“ people from the Reconciliation Church told us who watched from their kitchen window. Does the cross flying into the air as if it points to a „soul“ of the desecrated church when it leaves a dying person? The impenetrable thick fog of corrosive dust particles, which eyewitnesses of the blast tell about, remained in the air for hours on Bernauer Straße.

    Fifteen years later, the Chapel of Reconciliation was created from the rubble levelled after the blasting and excavated again in 1999, mixed with rammed earth. Traces and remnants of the vanished church can be found in its architectural form and on its outdoor grounds: preserved plinth capitals of the old church, foundation foundations, wood splinters, ceramic and glass shards. Anyone who visits the modern chapel approaches it via an ensemble of ruins of fragments and border relics.

    The emotional highlight of the blasting photo is the cast-iron tower cross made in 1894. It is broken by the force of the detonation from the tower. It ends up in the neighbouring St. Elisabeth Cemetery in East Berlin, in a grave that was frozen by the icy frost. In this way, the falling cross is bent, drawn, broken.

    It once towered on the Reconciliation Church tower for decades. It towered over the people who lived here until some of them went to the two world wars, until some of them were buried here in the cemetery, if they were found. The cross towered over Bernauer Straße when the war returned to Berlin in 1943. The cross was a bearing sign when bombers came and houses burned. The cross remained when people were deported from the Soviet sector of the street in 1961, it remained when their houses were blown up.

    The cross was walled in when soldiers had to keep watch in the church tower. In the tower at the top stood a machine gun. The cross stood like this for 24 years. The church was not accessible, the bells soundless, but the cross was a sign, a sermon, a hope.

    Our photo from January 28, 1985 shows the end of the church. The tower cross falls and flies, meters through the sky into the nearby cemetery, into a grave. There it was recovered by the East Berlin cemetery workers. The cross is hidden and remembered. It was not until the Wall was crushed in November 1989 that the cross came back! You can see it, in the rye field at the chapel. It is marked by the blast, bent by impact, telling of the falling. In the medieval ornate Stations of the Cross, Jesus falls on the cross. Here the cross fell as Jesus fell. The neo-Gothic Church of Reconciliation no longer exists. But the reconciliation work in this place lives on.

  • Tafel 6

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    Plakat 6: Das Leben der Versöhnungsgemeinde mit der Berliner Mauer

    Die Menschen in der Versöhnungsgemeinde lebten in der Zeit der Mauer Anfang der 1960er Jahre in der Annahme, die irrsinnige Teilung einer Millionenstadt würde nur vorübergehend sein können. So ist im Gemeinde-Archiv zu lesen von einem Antrag des Gemeindekirchenrates von 1962, die im Todesstreifen nicht mehr zugängliche Versöhnungskirche dennoch weiter nutzen zu dürfen. Man forderte, dafür die Mauer entweder etwas zurückzusetzen oder genau an der Stelle der Kirche zu öffnen. Diese Hoffnungen zerstoben. Ende 1962 beschließt der Gemeindekirchenrat, übergangsweise einen Ersatz-Bau zu schaffen, ein Gemeindezentrum, an der Bernauer Straße 111. Es kommt das Jahr 1964, in welchem der Grundstein gelegt werden kann.

    Auch unter der Bernauer Straße wird in jenem Jahr gegraben. Es ist jenes Jahr, in welchem durch den „Tunnel 57“ siebenundfünfzig Männer, Frauen und Kinder nach Westberlin fliehen können. Oberirdisch, an der Gemeindehaus-Baustelle, feierte die Gemeinde, die damals noch 7000 Mitglieder zählte, die Grundsteinlegung: Ein Neu-Anfang in ungewisser Zeit wie es ihn an der Bernauer Straße schon oft gab. Als man nicht mehr besaß als nur einen Anfang: ein Fundament, einen „Ausgangspunkt“ des Glaubens. Das war 1865 so, als hier die Lazarus-Kirche erbaut wurde, und unter ihr die ersten Krankenstationen. Es war so 1894, bei der Grundsteinlegung der Versöhnungskirche. 1901 wurde für die Schrippenkirche der Grundstein gelegt. 1964 begann der Bau für das Gemeindezentrum auf der West-Berliner Seite der Bernauer Straße. Drei Jahrzehnte später, nach der Rückgabe des Grundstückes, auf dem die gesprengte Versöhnungskirche stand, wird 1999 noch einmal ein Grundstein gelegt: für die Kapelle der Versöhnung. Auf den Fundamenten des alten Gotteshauses, für neue Generationen, für eine neue Zeit. 

    In der Kraft des glaubenden Vertrauens hat die Versöhnungsgemeinde gelebt vor dem Mauersturz, und bis heute, 35 Jahre danach. Kein Jahr davon war wie das andere. Wie der Wedding sich wandelte, gelegen damals in der größten Baustelle Westeuropas und seinem Mega-Sanierungsgebiet  so wandelte sich auch die Gemeindearbeit. Die Versöhnungsgemeinde war eine experimentierfreudige, politische und künstlerische Gemeinde, die sich einmischte in Entwicklungen von Kirche und Stadt. Das Foto vom Mai 1986 zeigt ein „Geh-Hörspiel“, in welchem sich Mitglieder der Kirchengemeinde durch den Kiez bewegen. Sie machen Halt an historisch bedeutsamen Stadtteil-Orten. Zu sehen ist im Hintergrund die heute denkmalgeschützte Liesenbrücke. Wegen des unter der Brücke jahrzehntelang herrschenden Elends von Wohnungslosen, wurde sie noch lange „Schwindsuchtbrücke“ genannt. 

    Die große Idee einer Gedenkstätte zur deutschen Teilung ist aus der Versöhnungsgemeinde mit erwachsen, im Kreis der Mitarbeitenden um Manfred Fischer zuletzt sogar mit der Konsequenz, 97 Prozent der Räume des Gemeindehauses für die Mauer-Ausstellung und die Gedenkstätte umzuwidmen. Hier werden auf einem Bildschirm auch Dokumentationen zur Friedlichen Revolution gezeigt. Darunter ist ein Transparent auf einer Demonstration vom November 1989 mit der Aufschrift: „Mauer ins Museum!“  Es freut uns, dass in unserem ehemaligen West-Berliner Gemeindehaus jetzt Stimmen von Ost-Berliner Demonstranten aus dem Herbst 89 zu hören sind: Spuren auf dem jahrzehntelangen und leidvollen Freiheitsweg, hinaus aus der Diktatur der Mauern. Das Haus der Versöhnungsgemeinde ist ein Erzähl-Ort deutsch-deutscher Geschichte geworden. Ein Mahn-Ort für die Mauern der heutigen Welt und jene, die bis heute nach langer Flucht an den Grenzen der Freiheit zurückgewiesen werden.                                                       

    Poster 6: Life of the Reconciliation congregation during Berlin Wall times

    Caption: Neighborhood walks organized by the West Berlin Reconciliation Church are dedicated to

    as a “listening radio play” to social-historical places and events in the district, in this case the

    “Schwindsuchtbrücke” bridge in Wedding.

    Text: 97% of the members of the Reconciliation Church lived in the western part of the city.

    Their residential and work buildings in the east were destroyed and the church stood inaccessible

    in the death strip. This is why in 1965 in West Berlin right next to the Wall a replacement parish hall evolved. It developed spiritual and political community work with social and cultural neighborhood themes.

    Timeline: 1985 (April) Start of perestroika by Mikhail Gorbachev

       1987 Olof Palme Peace march, forerunner of the Peaceful Revolution

                     1989 Mass demonstrations and strengthening of the democracy movement.

    Additional information:

    At the time of the Berlin Wall in the early 1960s, the people in the Reconciliation Church lived under the assumption that the insane division of a city of millions could only be temporary. For example, the parish archive tells of an application by the parish church council in 1962 to be allowed to continue using the Church of Reconciliation, which was no longer accessible in the death strip. It was demanded that the wall either be set back a little or opened exactly at the site of the church. These hopes were dashed. At the end of 1962, the parish church council decides to create a temporary replacement building, a community centre, at Bernauer Straße 111. The year 1964 arrives, in which the foundation stone can be laid.

    Excavations were also carried out under Bernauer Straße that year. It was the year in which fifty-seven men, women and children were able to flee to West Berlin through „Tunnel 57“. Above ground, at the parish hall construction site, the congregation, which at that time still had 7,000 members, celebrated the laying of the foundation stone: a new beginning in uncertain times as has often happened on Bernauer Straße. When there was nothing more than a beginning: a foundation, a „starting point“ of faith. That was the case in 1865, when the Lazarus Church was built here, and below it the first infirmaries. It was around 1894, when the foundation stone of the Church of Reconciliation was laid. In 1901, the foundation stone was laid for the Schrippenkirche. In 1964, construction began on the community centre on the West Berlin side of Bernauer Straße. Three decades later, after the return of the land on which the demolished Church of Reconciliation stood, a foundation stone was laid again in 1999: for the Chapel of Reconciliation. On the foundations of the old church, for new generations, for a new time.

    The congregation of reconciliation has lived in the power of believing trust before the fall of the Berlin Wall, and until today, 35 years later. No two years of it were the same. As Wedding changed, at that time located in the largest construction site in Western Europe and its mega-redevelopment area so did the work of the congregation. The Reconciliation Church was an experimental, political and artistic community that interfered in the development of the church and the city. The photo from May 1986 shows a „walking radio play“ in which members of the church community move through the neighbourhood. They stop at historically significant places in the district. In the background you can see the Liesenbrücke, which is now a listed building. Because of the misery of homeless people under the bridge for decades, it was called the „Consumption Bridge“ for a long time.

    The great idea of a memorial for the division of Germany grew out of the Reconciliation Community, in the circle of Manfred Fischer’s staff. Most recently even with the consequence of rededicating 97 percent of the rooms of the parish hall to the Wall exhibition and the memorial. Here, documentaries on the Peaceful Revolution are also shown on a screen. Among them is a banner at a demonstration in November 1989, with the inscription: „Wall into the museum!“ We are pleased that the voices of East Berlin demonstrators from the autumn of 1989 can now be heard in our former West Berlin community centre: traces of the decades-long and painful path to freedom, out of the dictatorship of the walls. The House of the Reconciliation Community has become a place for the story of German-German history. A place of warning for the walls of today’s world, and those who are still rejected at the borders of freedom after a long flight.

  • Tafel 7

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    Plakat 7: Der Gedenkort Bernauer Straße

    Durch die Friedliche Revolution, den damit verbundenen Mauerfall und die Entscheidung des Deutschen Bundestages für Berlin als deutscher Hauptstadt hatte sich die Situation der Gemeinde innerhalb von zehn Jahren grundlegend verändert. Aus der buchstäblich vermauerten Randlange im ehemaligen West-Berlin rückte die Bernauer Straße in das nun offene Zentrum der deutschen Hauptstadt.

    Kontroverse Diskussionen um eine adäquate Erinnerung an die Teilung Berlins und ihre Opfer gab es seit Anfang der 1990er Jahre. Bürgerschaftliches Engagement und der Beschluss des Ost-Berliner Magistrats am 2. Oktober 1990, der den über den Sophien-Friedhof verlaufenden Grenzabschnitt unter Denkmalschutz stellte, waren die Basis für den Gedenkort. Monate vorher hatte sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die an einem Konzept für den Erhalt von Mauerteilen an der Bernauer Straße arbeitete.

    Neben Mitarbeitern des Museums für Deutsche Geschichte und des Deutschen Historischen Museums engagierten sich dafür in besonderem Maße der Pfarrer Manfred Fischer, sein Mitarbeiter Rainer Just und Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde Versöhnung. In zahlreichen Gesprächen hatten sie die sogenannten Mauerspechte um Einhalt gebeten und Abrissversuche von Baufirmen verhindert.

    1994 wurde ein Wettbewerb für die Gestaltung eines Denkmals für die Opfer des Mauerbaus und in Erinnerung an die Teilung ausgelobt. Auf Initiative des Berliner Senats und in Zusammenarbeit mit der Versöhnungsgemeinde gründete sich der „Verein Berliner Mauer“ als Trägerverein eines zu errichtenden Dokumentationszentrums. Dieses wurde in Ergänzung des Denkmals ─ zur Sachinformation und für eine historisch-politische Bildungsarbeit─ geplant.

    Am 13. August 1998 wurde das Denkmal Berliner Mauer als erster Teil der heutigen Gedenkstätte an der Bernauer Straße eingeweiht.

    Poster 7: The memorial site on Bernauer Street

    Caption: View into no man’s land towards the former site of the Church of Reconciliation.

    Small image on the left: Opening of the wall

    Small image on the right: Uncovering the foundations of the Church of Reconciliation

    Text: The fall of the Wall creates a wild no man’s land on the former border strip. The Reconciliation Church secures the traces on Bernauer Strasse – history, present and future in view. Pieces of the principal building of the demolished Church of Reconciliation are returned and a new sacred building is decided upon, not only to preserve them. In 1995 the former property is returned to the parish.

    Timeline:1990 Fall of the Berlin Wall on 9 November

      1990 First free elections in the GDR

      1991 Reunification of East and West Germany.

    Additional information:

    The Peaceful Revolution, the associated fall of the Berlin Wall and the German Bundestag’s decision to make Berlin the German capital had fundamentally changed the situation of the congregation within ten years. Bernauer Strasse moved from the literally walled-in periphery of former West Berlin to the now open center of the German capital.

    There had been controversial discussions about an adequate commemoration of the division of Berlin and its victims since the early 1990s. Civic engagement and the decision of the East Berlin city council on October 2, 1990, to place the section of the border running through the Sophien cemetery under historic preservation, formed the basis for the memorial site. Months earlier, a working group had been formed to develop a concept for the preservation of parts of the Wall on Bernauer Strasse.

    In addition to employees of the Museum of German History and the German Historical Museum, Pastor Manfred Fischer, his colleague Rainer Just and members of the Protestant parish of Reconciliation were particularly committed to the cause. In numerous discussions, they asked the so-called wall woodpeckers to stop and prevented demolition attempts by construction companies.

    In 1994, a competition was held for the design of a memorial to the victims of the Wall and in memory of the division. On the initiative of the Berlin Senate and in cooperation with the congregation of Reconciliation, the “Berlin Wall Association” was founded as the supporting association for a documentation center to be built. This was planned as a supplement to the memorial – for factual information and for historical-political educational work.

    On August 13, 1998, the Berlin Wall Memorial was inaugurated as the first part of today’s memorial site on Bernauer Strasse.

  • Tafel 8

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    Plakat 8: Die Kapelle der Versöhnung – Spirituelles Zentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer

    Das Areal des historischen Kirchbaus wurde der Gemeinde 1995 rückübereignet und es konnte damit wieder genutzt werden.

    Zusammen mit dem Dokumentationszentrum und der Kapelle der Versöhnung entstanden bis zur Jahrtausendwende künstlerische, dokumentarische und spirituelle Zugänge zum historischen Ort und den Zeugnissen der Vergangenheit. In einem Spannungsfeld, das nachhaltig geprägt war von Teilung und Unerreichbarkeit, beschloss die Evangelische Kirchengemeinde den Bau der Kapelle der Versöhnung: Auf der Brache des vormaligen Mauerstreifens sollte ein Kapellenbau entstehen, der „schon in seiner Anlage und Form äußeres Zeichen der inneren Anliegen sein kann“.[1] Der Bau wurde nach den Plänen von reitermann / sassenroth architekten aus Holz und Lehm und durch lehm. ton. erde. Martin Rauch realisiert und besteht zu zwei Dritteln aus den Bruchstücken der historischen Versöhnungskirche. Zum Teil wurde er auf den Fundamenten des neugotischen Vorgängerbaus errichtet. Seine Architektur wird als herausragendes Beispiel für „kontextsensibles Bauen am historischen Ort“[2] beschrieben. Der Neubau der Kapelle zeichnet die Geschichte des Ortes und seines gotischen Vorgängerbaus anschaulich nach. Die Geschichte wird im wörtlichen Sinne von historischen Schichten ablesbar. Der Innenraum der Kapelle ist auf den ersten Blick puristisch und modern und birgt auf den zweiten Blick eine Vielzahl von historischen Reminiszenzen: die Bruchstücke der Vorgängerkirche als erkennbarer Zuschlagstoff des Lehms, die Mensa der alten Kirche, die in den Boden eingelassen den neuen Altar trägt, das von Vandalismus gekennzeichnete Retabel aus dem Vorgängerbau.

    Im Jahr 2006 verabschiedete der Berliner Senat das Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer: dieses sollte die verschiedenen Mauerorte in Berlin vernetzen und stärken. Im Rahmen dessen avancierte das Erinnerungsensemble an der Bernauer Straße zur zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin an die Teilung der Stadt. Seither steigen die nationalen und internationalen Besucherzahlen stetig an und die Gedenkstätte ist ein vielbesuchter Ort für ein diverses Publikum geworden.

    Die Kapelle, die etwa 100 Menschen fasst, ist heute wieder der Kirchraum der Evangelischen Kirchengemeinde Versöhnung und das spirituelle Zentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer.

    Poster 8: The Chapel of Reconciliation – Spiritual Center of the Berlin Wall Memorial

    Caption: Construction of the Chapel 2000, Planning by reitermann/sassenroth architekten

    Small image on the left: Rammed earth builder Martin Rauch lehm. ton.erde.

    Small image on the right: The congregation receives the bells of the Church of Reconciliation

    Text: As part of the Berlin Wall Memorial, the Chapel of Reconciliation is the central memorial site of the FRG and the state of Berlin to the division of Germany and the victims of the Berlin Wall. As the spiritual center of the memorial, it is a place of remembrance and commemoration where church life takes place.

    Timeline: 1991 Start of the 10 year Balkan war

       1995 Return of the church property to the reconciliation congregation

       2001: Terror attack on the World Trade center in New York on 9 November.

    Additional Information:

    The site of the historic church building was returned to the parish in 1995 and could therefore be used again. The Protestant parish decided to build the Chapel of Reconciliation relating to a situation of tension characterized by division and inaccessibility: in 2000, a chapel was to be built on the wasteland of the former Wall strip, which “in its layout and form alone can be an outward sign of the inner concerns”.  The building was realized according to the plans of reitermann / sassenroth architekten from wood and clay and by lehm. ton. erde. Martin Rauch and consists of two thirds of the fragments of the historic Church of Reconciliation. It was partly built on the foundations of the neo-Gothic predecessor building. The architecture is described as an outstanding example of “context-sensitive building on a historical site”. The new chapel vividly traces the history of the site and its Gothic predecessor. History can be read in a literal sense of historical layers. At first glance, the interior of the chapel is purist and modern, but at second glance it conceals a multitude of historical reminiscences: the fragments of the previous church as a recognizable aggregate of the clay, the mensa of the old church, which supports the new altar embedded in the floor, the reredos from the previous building, which was marked by vandalism.

    In 2006, the Berlin Senate adopted the overall concept for the commemoration of the Berlin Wall. As part of this, the memorial ensemble on Bernauer Strasse became the central memorial of the Federal Republic of Germany and the state of Berlin to the division of the city. Since then, local and international visitor numbers have risen steadily and the memorial has become a much-visited site.

    The chapel, which can accommodate around 100 people, is now once again the church hall of the Protestant parish of Reconciliation and the spiritual center of the Berlin Wall Memorial.


    [1] Petra Bahr: Die Kapelle der Versöhnung, Berlin 2008, S. 29.

    [2] Vgl. Kerstin-Wittmann-Englert: Site-specific architecture. Kontextsensibles Bauen an historisch besetzten Orten. In: Kai Kippel, Matthias Müller und Felicitas Janson (Hg.): Moderne Kirchenbauten als Erinnerungsräume und Gedächtnisorte, Regensburg 2010, S. 173.

  • Tafel 9

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    Plakat 9: Fruchtbare Synthese von Erinnerungsort und Kirchengemeinde

    Zusammen mit dem Dokumentationszentrum und der Kapelle der Versöhnung entstanden bis zur Jahrtausendwende künstlerische, dokumentarische und spirituelle Zugänge zum historischen Ort und den Zeugnissen der Vergangenheit. Gemeindemitglieder, haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende gestalten die kirchlichen Bildungsarbeit am Erinnerungsort. In großer Zahl engagieren sich auch Menschen ohne eine formale Kirchenzugehörigkeit, die sich aber der kleinen Gemeinde, ihren Aufgaben und Möglichkeiten angesichts besonderer Öffentlichkeit verbunden fühlen.

    Hier versammelt sich die sonntägliche Gottesdienstgemeinde, hier wird getauft und es finden Trauungen und Trauerfeiern statt. Im Altar der Kapelle wird das Buch mit den Biographien der Toten an der Berliner Mauer aufbewahrt. Sowohl anlässlich der offiziellen Gedenktage und Jubiläen (alljährlich 13. August und 9. November) als auch im Alltag – unter anderem wenn wochentäglich, von Dienstag bis Freitag, Lektoren in einer kurzen Andacht an die Biographie eines der 140 Toten an der Berliner Mauer erinnern und zahlreiche Besuchergruppen von Versöhnung im Schatten der Mauer und dem Wirken der Weddinger Kirchengemeinde hören wollen, schaffen an diesem Ort spirituelle Rituale Verbundenheit: mit der Vergangenheit, ihren Menschen und Schicksalen und mit den Möglichkeiten für die Gegenwart.

    Gemeindeleben und kirchliche Bildungsarbeit am Erinnerungsort Bernauer Straße wurzeln in Gedenken und Erinnerung. Aus direktem Erleben und durch persönliche Begegnungen kann Sensibilisierung erwachsen für historische und gesellschaftliche Zusammenhänge von Mauern, Flucht und Ausgrenzung auch in einem internationalen Kontext.

    Dafür bedarf es geöffneter Türen und Offenheit. Sie ermöglichen Begegnungen und fruchtbare Bildungsarbeit, die Grenzen überwindet und nachhaltig wirkt. Diese Verbindung von Erinnerungsort und einer lebendigen Kirchengemeinde und Gemeinschaft von Menschen als ihr Träger ist einzigartig und unterscheidet sich von allen anderen kirchlichen Gedenkorten, die in der Bundesrepublik als Teil von Gedenkstätten existieren. Für die Arbeit des Kirchenkreises Berlin-Nordost gehört diese Konstellation von Öffentlichkeit, der kirchengemeindlichen Arbeit und Anbindung in der Evangelischen Kirchengemeinde am Gesundbrunnen zu seinem Selbstverständnis.

    Zudem konnte sich ein breites kulturelles Programm etablieren, dessen Inhalte im Wesentlichen mit der Widmung des Erinnerungsortes verbunden sind und dessen Realisierung durch die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden getragen wird. Die Kapelle ist täglich für die zahlreichen Besucherinnen und Besucher geöffnet. Dies wird ermöglicht durch ein Team Ehrenamtlicher, die zum einen Mitglieder der Kirchengemeinde Versöhnung sind, zum anderen auch durch eine Reihe von Menschen, die sich der Kapelle der Versöhnung und dem spirituellen Zugang zum Erinnerungsort auf besondere Weise verbunden und zugehörig fühlen.

    Die herausragende Bedeutung und die Beförderung der Potentiale dieses Ortes für kirchliche Präsenz im öffentlichen Raum und kirchliches Leben hat einen besonderen Schwerpunkt in der Erinnerungsarbeit zur jüngeren deutschen Geschichte und der Versöhnungsarbeit im aktuellen Diskurs von Glauben und Gesellschaft.

    Poster 9: Fruitful synthesis of memorial site and church community

    Caption: Top image: Exhibition in the walkway “A home has opened up for me. Faces. Voices”

    Lower image: St. John’s Day celebration in the community garden NomansLand

    Small image: Meeting of volunteers.

    Text: In continuation of the participatory process that led to the planning and construction of the chapel, the community has been facilitating spiritual and artistic educational work in and around the chapel and at the church memorial site on Bernauer Strasse for 25 years. Openness, dialogue and polyphony invite visitors to experience the Chapel of Reconciliation as part of the culture of remembrance and as a place of lived reconciliation in the shadow of the Wall.

    Timeline: 2010 Begin of the Arabian Spring movement

       2022 Russian raid on Ukraine

       2025 Commemoration of the end of the Second World War 80 years ago.

    Additional information:

    Together with the Documentation Center and the Chapel of Reconciliation, artistic, documentary and spiritual approaches to the historical site and the testimonies of the past were created by the turn of the millennium. Parishioners, full-time and volunteer staff shape the church’s educational work at the memorial site. A large number of people without formal church affiliation are also involved, who feel connected to the small community, its tasks and opportunities in the face of special publicity.

    This is where Sunday services congregation gather, where baptisms are held and where weddings and funerals take place. The book with the biographies of those who died at the Berlin Wall is kept in the altar of the chapel. Both on the occasion of official commemoration days and anniversaries (every year on August 13 and November 9) as well as in everyday life – for example, when every weekday, from Tuesday to Friday, lectors recall the biography of one of the 140 people who died at the Berlin Wall in a short prayer and numerous groups of visitors want to hear about reconciliation in the shadow of the Wall and the work of the Wedding church community – spiritual rituals create a sense of connection at this place: with the past, its people and fates and with the possibilities for the present.

    Community life and church educational work at the Bernauer Strasse memorial site are rooted in commemoration and remembrance. Direct experience and personal encounters can raise awareness of the historical and social contexts of walls, flight and exclusion also in an international context. This requires open doors and openness. They enable encounters and fruitful educational work that transcends borders and has a lasting effect. This combination of a place of remembrance and a lively church congregation and community of people as its sponsors is unique and differs from all other church memorials that exist in Germany as part of memorial sites. For the work of the Berlin-North-East church district, this constellation of publicity, church community work and connection to the Protestant parish at Gesundbrunnen is part of its self-image.

    In addition, a broad cultural program has been established, the content of which is essentially linked to the dedication of the memorial site and whose realization is supported by the full-time and volunteer staff. The chapel is open daily for the numerous visitors. This is made possible by a team of volunteers who are members of the Church of Reconciliation, as well as by a number of people who feel a special connection and affinity with the Chapel of Reconciliation and the spiritual approach to the place of remembrance.

    The outstanding importance and the promotion of the potential of this place for church presence in the public space and church life has a special focus in the remembrance work on recent German history and the reconciliation work in the current discourse of faith and society.